Leben am Burggraben

Anna Timm erzählt

Anna Timm
Anna Timm Am Burggraben wurden die Eimer ausgespült

Anna Timm wurde am 13.12.1899 in Altenfeldsdeich (Haseldorf) geboren. 1920 heiratete sie den Landarbeiter Wilhelm Timm, der später Jagdaufseher für das Gut Haseldorf wurde. Sie lebte mit ihm in einfachen Verhältnissen in einem kleinen Haus am Haselauer Burggraben.



Zweieinhalb Pfennig für ein Ei

"Früher habe ich hier oben in der Räucherkammer geräuchert. Wir haben eine Ecke abgemauert, so hoch. Da hatten wir das Feuer drin mit Torfmull. An den Wänden waren Borde längs und Stangen, dort haben wir alles aufgehängt. Speck, Leberwurst, Grützwurst hab ich geräuchert. Ich habe immer so zwanzig Pfund Grützwürste gemacht. Und in der Speisekammer hatte ich über 200 Gläser eingeweckt. Hühner hatte ich, einen Hahn, später hatte ich 100 Stück. Weil wir Hühner hatten, haben wir im Krieg nicht gehungert. Wir hatten extra einen Stall, unten war erst Fressen und oben, da saßen sie dann. Und da waren auch die Eiernester. Und mein Enkel Dieter mochte immer so gern Eier. Dann ging er abends mit dem Korb rüber und holte die Eier. Aus Haseldorf kam jede Woche der Händler mit Pferd und Wagen und holte die Eier ab, und fuhr damit nach Hamburg-Blankenese. Dafür gab es zweieinhalb Pfennig."

Die Buttermaschine abliefern

"Als mein Mann im Krieg war, bin ich jeden Morgen um fünf, sechs Uhr aufgestanden und erstmal zum Melken gegangen. Erst hatte ich nur eine Kuh, nachher vier. Im Krieg mußten wir die Milch abliefern. Vorher hatten wir nicht selbst Butter gemacht. Meine Buttermaschine mußte ich beim Ortsbauernführer abgeben. Dort ist sie wohl noch heute. Nach dem Melken hab ich mir Frühstück gemacht, nur Kaffee und ein Stück Brot. Danach mußte ich das Schwein füttern, Schweinestall und Hühnerstall saubermachen. Während der Apfelzeit mußte ich morgens mit der Schiebkarre los und die Falläpfel aufsammeln. Damals standen hier auf dem Kuhberg noch überall Apfelbäume. Das waren viel mehr als heute. Danach harkte ich den Weg und machte das Haus sauber, fegte, feudelte, wischte, und ging zum Burggraben hinunter und spülte die Eimer aus."

Kein Radio

"Mittagessen gab es gegen elf, halb zwölf, wann ich gerade Zeit hatte. Nach dem Mittag habe ich mich nie hingelegt, mittags wurden die Kühe gemolken, dreimal am Tag, das war hier so Mode. Aber als wir die Kühe am Außendeich hatten, da wurde nur zweimal täglich gemolken. Ich hab im Außendeich auch geheut. Nachmittags war auch die Zeit, wo ich viel Handarbeiten gemacht habe. Abends wurden die Kühe nochmal gefüttert und gemolken, und dann gab es immer erst gegen sieben, halb acht Abendbrot, wenn ich meine Arbeit fertig hatte. Bratkartoffeln hab ich mir meistens gemacht. Abends ging ich gegen halb neun Uhr ins Bett. Ein Radio hatte ich während des ganzen Krieges nicht. Ich wußte nicht, wie weit die Front weg war. Die Luftschutzsirene beim Schmied auf dem Dach konnte ich ja so hören, wenn Flugzeuge kamen, dazu brauchte ich kein Radio."