Wir kannten keinen Sonntag
Wasser aus den Gräben
Katharina Siemsen wurde am 21.01.1916 geboren. Sie lebte in der Sperrwerkstraße in Altendeich und hatte einen kleinen Lebensmittelladen.
"Hier am Haus hatten wir eine Pumpe mit einem Wasserbassin. Mein Mann mußte ab und zu mit der Leiter nach unten steigen und alles saubermachen. Und wenn es nicht regnete, dann hatten wir kein Wasser. Dann mußten wir unser Wasser aus den Gräben holen. Im Grabenwasser haben wir gewaschen. Das ging so bis in die 50iger Jahre. Wir hatten zum Waschen dort in dem Raum einen Waschkübel in der Ecke. Man mußte mit Holz heizen und dann die Wäsche kochen."
Die Tür war immer offen

"Wir kannten mit unserem Krämerladen keine Mittagszeit, keine Abendzeit und keinen Sonntag. Wenn wir nachmittags beim Kaffee saßen, und es kam ein Kunde, dann hieß es: "Kannst ´n Taß Kaffee mit drinken!" Danach gingen wir zum Laden und haben geklönt. Man hat erzählt, aber viel zu erleben gab es damals ja nicht. Die Leute kamen alle so ins Haus, die Tür war immer offen. Sie kamen sonntags und abends noch mal, und sagten: "Ich hab Besuch bekommen". Und ich hatte im Laden einen Keksständer. Sonntags morgens hieß es: "Ich hab keinSeifenpulver und will morgen waschen." So ging es ständig. Als Seifenpulver hatten wir schon damals Persil und Henko. Außerdem gab es das Waschmittel Schwanenpulver in roten Paketen, es war ganz billig, und dann gab es Soda in Stücken zum Abwaschen."
Es brachte nicht viel
"Wir mußten früher viel anschreiben. Die Leute sagten:"Ich komm Ende der Woche, und dann bezahl ich, mein Mann verdient ja." Die sind dann auch gekommen und haben bezahlt. Später kaufte sich mein Mann einen ganz kleinen Lloyd und fuhr damit jede Woche auf Kundschaft. Wir hatten regelmäßig Kunden beliefert. Später fand mein Mann Arbeit in Uetersen und gab das Ausfahren auf. Morgens um 7 fing er an und kam jeden Mittag zum Essen nach Hause. Ich machte den Laden ja noch so weiter. Aber es brachte nicht viel, wir hatten nie viel Geld. Mein Mann hat sich wohl auch ein bißchen kaputt gearbeitet. Außerdem mochte er immer so gern rauchen, eine nach der anderen.
Den Laden habe ich noch nach dem frühen Tod von meinem Mann 1973 bis 1977 weiter gemacht. Meine Schwägerin hat mir mal ein wenig geholfen und vom Laden konnte ich leben. Ich erhielt nur ganz wenig Witwenrente. Mein Mann hatte nie viel verdient, nur ein bißchen Wochengeld. Das brachte ja nichts. Aber irgendwie ist man mit allem schließlich doch zurecht gekommen."